Glosse
update 07.11.2018:
Sally Burdon, die amtierende ILAB-Präsidenten gibt soeben folgendes Resultat aus einem Gespräch mit führenden abebooks-Repräsentanten bekannt:
"It is with great pleasure I report to you that the booksellers in the Czech Republic, Hungary, Russia and South Korea will be able to continue to trade on ABE Books into the future if they wish to. They will not be cut off this month nor in the future. ..."
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Ein anonymer Schreiber hat uns diese "Glosse" gesendet, die wir aus aktuellen Gründen hier als Gastkommentar veröffentlichen, ohne sie uns in allen Punkten inhaltlich zu eigen zu machen.
CS
"David und Goliath
Haben sie bei diesem großen Versandhändler – ach nein, dem "Logistikunternehmen" - auch schon mal Bücher gekauft? Nein, ich meine keine neuen. Antiquarische. Da stimmt das mit dem Logistikunternehmen. Naja, einigermaßen. Die Antiquare dürfen ihre Bücher auf der selben Seite wie die Neuware anbieten. Oder auf einer, wo es keine Neuware gibt, weil das Buch vergriffen ist. Kauft jemand bei ihnen, kassiert der Logistiker eine happige Gebühr. Für das Anbieten. Machen tut er sonst nichts. Nicht die Bücher beschreiben, nicht verpacken, nicht verschicken. Die Antiquare beschreiben ihre Ware, verpacken sie, verschicken sie. Möglichst schnell, sonst zickt der Logistiker. Manchmal zickt er auch aus anderen Gründen. Zum Beispiel, wenn er mal eben seine beiden größten Konkurrenten auf dem Gebiet der Internet-Antiquariatshandels aufkauft: Abebooks (American Book Exchange - 2008) und das ZVAB (Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher - 2011). Trotz der irreführenden Namen waren und sind beide – ist eben Internet – weltweit tätig. Jetzt gibt es nur noch ein paar kleine Konkurrenten, die der Logistiker als Feigenblatt bestehen läßt, damit ihm niemand eine Monopolstellung vorwerfen kann, die er natürlich längst hat. Wer nachschaut, wird feststellen, dass es Abebooks und ZVAB immer noch gibt. Aber es ist wie überall: das sind nur noch Markenhülsen. Und da ein Antiquar, der von seinen Büchern noch leben will – was bekanntlich immer schwieriger wird – seine Bücher möglichst überall anbieten muss, wo Kunden vorbeikommen, kassiert der Logistiker gleich dreimal. Der Antiquar kann auch auf diese "logistische Dienstleistung" verzichten. Aber da die Datenbanken der großen drei, die einem gehören, die größten sind, wird er wenig bis nichts verkaufen. Wie jetzt die Antiquare in Polen, Tschechien, Süd-Korea, Russland und Ungarn. Da der Logistiker "einen Wechsel seines Zahlungsdienstleisters" vornimmt, hat er mal eben beschlossen, nachdem er in den letzten Jahren die Antiquare weltweit von sich abhängig gemacht hat wie ein Pusher seine Junkies, die Länder, die der neue "Zahlungsdienstleister" (der Logistiker ist selbst einer, vielleicht meint er ja sich selbst) nicht mag, auf Cold Turkey zu setzen. In diesem Falle: ihre Existenzen zu ruinieren. Wir sprechen hier von dem Antiquariatshandel ganzer Länder, nicht von ein paar Ständen am Seine-Ufer. Kaufen sie ruhig weiter beim Logistiker, ist ja so bequem. Vielleicht ist der, wenn er den Einzelhandel Deutschlands platt gemacht hat, in der Position, nicht nur die Preise zu diktieren, sondern auch mal eben zu beschließen, dass er ihnen nichts mehr liefert, weil ihr Social Score nicht okay ist. Dann hoffe ich, sie haben ein paar Kartoffeln im Garten. Aber was, wenn ganz Deutschland einem bürokratischen Wechsel beim Logistiker zum Opfer fällt? Alles Verschwörungstheorien? Kommt nur in China vor? Nein, es ist schon Realität. In unseren Nachbarländern Polen und Tschechien.
Da die Antiquare (Bücher waren die ersten vom "Logistiker" verkauften Artikel) schon lange unter dessen Machenschaften leiden, ist für sie der Druck auch groß. Mit dieser letzten Aktion ("Es tut uns leid, dass wir sie ruinieren müssen, aber das ist nun mal so – ihr Problem…") scheint nun etwas in Gang gekommen zu sein. Der Staat hat es ja schon lange aufgegeben, der immer schnelleren Konzentration von Großunternehmen entgegenzutreten. Also haben sich die Antiquare an eine ziemlich aus der Mode gekommene Tugend erinnert: Solidarität.
Also haben nun weltweit bislang (Stand 5.11.2018) mehr als 450 Antiquare aus 26 Staaten eine “Banned Booksellers Week” ausgerufen und ihre Bestände "in Urlaub" geschickt. Das heißt: sie werden nicht angeboten. Es handelt sich um mehr als 2,5 Millionen Bände. David hat die Schleuder gezückt."
APX
Sally Burdon, die amtierende ILAB-Präsidenten gibt soeben folgendes Resultat aus einem Gespräch mit führenden abebooks-Repräsentanten bekannt:
"It is with great pleasure I report to you that the booksellers in the Czech Republic, Hungary, Russia and South Korea will be able to continue to trade on ABE Books into the future if they wish to. They will not be cut off this month nor in the future. ..."
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Ein anonymer Schreiber hat uns diese "Glosse" gesendet, die wir aus aktuellen Gründen hier als Gastkommentar veröffentlichen, ohne sie uns in allen Punkten inhaltlich zu eigen zu machen.
CS
"David und Goliath
Haben sie bei diesem großen Versandhändler – ach nein, dem "Logistikunternehmen" - auch schon mal Bücher gekauft? Nein, ich meine keine neuen. Antiquarische. Da stimmt das mit dem Logistikunternehmen. Naja, einigermaßen. Die Antiquare dürfen ihre Bücher auf der selben Seite wie die Neuware anbieten. Oder auf einer, wo es keine Neuware gibt, weil das Buch vergriffen ist. Kauft jemand bei ihnen, kassiert der Logistiker eine happige Gebühr. Für das Anbieten. Machen tut er sonst nichts. Nicht die Bücher beschreiben, nicht verpacken, nicht verschicken. Die Antiquare beschreiben ihre Ware, verpacken sie, verschicken sie. Möglichst schnell, sonst zickt der Logistiker. Manchmal zickt er auch aus anderen Gründen. Zum Beispiel, wenn er mal eben seine beiden größten Konkurrenten auf dem Gebiet der Internet-Antiquariatshandels aufkauft: Abebooks (American Book Exchange - 2008) und das ZVAB (Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher - 2011). Trotz der irreführenden Namen waren und sind beide – ist eben Internet – weltweit tätig. Jetzt gibt es nur noch ein paar kleine Konkurrenten, die der Logistiker als Feigenblatt bestehen läßt, damit ihm niemand eine Monopolstellung vorwerfen kann, die er natürlich längst hat. Wer nachschaut, wird feststellen, dass es Abebooks und ZVAB immer noch gibt. Aber es ist wie überall: das sind nur noch Markenhülsen. Und da ein Antiquar, der von seinen Büchern noch leben will – was bekanntlich immer schwieriger wird – seine Bücher möglichst überall anbieten muss, wo Kunden vorbeikommen, kassiert der Logistiker gleich dreimal. Der Antiquar kann auch auf diese "logistische Dienstleistung" verzichten. Aber da die Datenbanken der großen drei, die einem gehören, die größten sind, wird er wenig bis nichts verkaufen. Wie jetzt die Antiquare in Polen, Tschechien, Süd-Korea, Russland und Ungarn. Da der Logistiker "einen Wechsel seines Zahlungsdienstleisters" vornimmt, hat er mal eben beschlossen, nachdem er in den letzten Jahren die Antiquare weltweit von sich abhängig gemacht hat wie ein Pusher seine Junkies, die Länder, die der neue "Zahlungsdienstleister" (der Logistiker ist selbst einer, vielleicht meint er ja sich selbst) nicht mag, auf Cold Turkey zu setzen. In diesem Falle: ihre Existenzen zu ruinieren. Wir sprechen hier von dem Antiquariatshandel ganzer Länder, nicht von ein paar Ständen am Seine-Ufer. Kaufen sie ruhig weiter beim Logistiker, ist ja so bequem. Vielleicht ist der, wenn er den Einzelhandel Deutschlands platt gemacht hat, in der Position, nicht nur die Preise zu diktieren, sondern auch mal eben zu beschließen, dass er ihnen nichts mehr liefert, weil ihr Social Score nicht okay ist. Dann hoffe ich, sie haben ein paar Kartoffeln im Garten. Aber was, wenn ganz Deutschland einem bürokratischen Wechsel beim Logistiker zum Opfer fällt? Alles Verschwörungstheorien? Kommt nur in China vor? Nein, es ist schon Realität. In unseren Nachbarländern Polen und Tschechien.
Da die Antiquare (Bücher waren die ersten vom "Logistiker" verkauften Artikel) schon lange unter dessen Machenschaften leiden, ist für sie der Druck auch groß. Mit dieser letzten Aktion ("Es tut uns leid, dass wir sie ruinieren müssen, aber das ist nun mal so – ihr Problem…") scheint nun etwas in Gang gekommen zu sein. Der Staat hat es ja schon lange aufgegeben, der immer schnelleren Konzentration von Großunternehmen entgegenzutreten. Also haben sich die Antiquare an eine ziemlich aus der Mode gekommene Tugend erinnert: Solidarität.
Also haben nun weltweit bislang (Stand 5.11.2018) mehr als 450 Antiquare aus 26 Staaten eine “Banned Booksellers Week” ausgerufen und ihre Bestände "in Urlaub" geschickt. Das heißt: sie werden nicht angeboten. Es handelt sich um mehr als 2,5 Millionen Bände. David hat die Schleuder gezückt."
APX