Amazon und die ILAB-LILA
- Kommentar-
Düsseldorf - So langsam scheint sich das Bild zu klären: aus den umlaufenden Gerüchten und der einen oder anderen recht knappen Mitteilung von Mitarbeitern der Plattform läßt sich der Grund für den Ausschluß einzelner Händler aus bestimmten Ländern erschließen.
Es geht anscheinend bei amazon(abebooksZVAB) schlicht um einen Dienstleisterwechsel, der die Kreditkartenzahlungen der bestellenden Kunden für die gekauften Bücher im Dreieck zwischen diesem, dem Veräufer und dem Betreiber abwickelt und dies in einzelnen Ländern eben nicht tun kann, nicht tun will, oder mit dem man sich seitens des Plattformeigners nicht auf die Konditionen einigen konnte.
Leidtragende sind weniger die Buchsammler, denn ob sie nun zwischen einer Menge von 100% oder 99,9% Ware an Büchern auswählen können, spielt für den Quasi-Monopolisten keine Rolle, sondern ausschließlich die nun vom Markt abgeschnittenen Antiquare, die zum Gewinn der Plattform(en) zwar jahrelang ihren Anteil beigetragen haben, aber - geht es nach den Plänen - schon bald überhaupt keinen Umsatz mehr über diesen weltweit wichtigsten Vertriebskanal mehr machen dürfen.
Man ist in der Konzernzentrale offensichtlich der Ansicht, daß es nur weltweit einen einzigen, gleichen Service für alle geben darf, oder eben keinen!
Man könnte für die Kollegen in den betroffenen Ländern leicht die Kreditkartenzahlung als Option auslassen und deren Abwicklung den Händlern selbst überlassen, aber dieses Vorgehen wäre ein gefährlicher Präzidenzfall und außerdem für den Konzern sehr gewinnschmälernd, denn das Disaggio der Kreditkartenzahlung wird nicht etwa zugunsten der Antiquare gerechnet, oder geteilt sondern erhöht durch die Hintertür die Provisionen, die der Händler zahlt - so gesehen ist die für den Endverbraucher einfachste für den Antiquar die teuerste Zahlungsvariante.
Übrigens ist dies alles nun nur deswegen bekannt geworden, weil sich ein betroffener Händler öffentlich an seine Verbandskollegen aus der ILAB-LILA gewandt hatte, von denen nun hunderte in einem bisher beispiellosen Akt der Solidarität zehntausende von antiquarischen Bücher "in Urlaub" geschickt haben.
Wie man hört, wurden auch anderswo bereits Händler und Länder "abgeschaltet", da diese aber nicht organisiert waren, hat man es bisher nicht bemerkt.
Das Grundproblem ist, daß amazon nur den Endverbraucher als Kunden ansieht und diesem einen perfekten Service und ein fantastisches "Einkaufserlebnis" bieten will, was völlig in Ordnung ist, solange amazon selbst der Verkäufer ist.
Über amazon verkaufende Händler betrachtet man dort bestenfalls als Erfüllungsgehilfen, jedoch weder als Partner, noch ihrerseits als Kunden, was zu vielerlei Problemen auf den Buchplattformen ZVAB und abebooks (etc.) führt, denn dort ist der Konzern eben nur der Vermittler zwischen Händler und Endverbraucher.
Weder besitzt er die Ware selbst, noch das Wissen und die Strukturen, um antiquarische Bücher an Sammler zu verkaufen, auch wenn er im Marketing genau diesen Eindruck zu erwecken versucht.
Die deutsche Sektion der ILAB-LILA, der Verband Deutscher Antiquare hat nun auch eine Stellungnahme auf seine website gestellt, der eigentlich nur noch die folgenden Fragen hinzuzufügen wäre:
- wann raffen sich die Antiquarinnen und Antiquare endlich auf und unterstützen gemeinsam und energisch die bestehenden Strukturen, sei es durch eine Mitgliedschaft in Organisationen und Verbänden,
- sei es durch die Unterstützung bestehender antiquarseigener Plattformen durch deren konsequente Benutzung.
-Wann gründet man eine Vereinigung der über amazon(abebooksZVAB) verkaufenden Antiquare?
Amor librorum nos unit, aber auskömmlich vom Gewerbe leben sollten wir schon auch können!
[CS]
Update 05.11.2018:
Mehr als 300 Antiquariate mit deutlich über einer Million nicht der schlechtesten Bücher sind hier zu finden.
Und hier geht's zum Bericht in der NYT.
The Boston Globe schreibt ebenfalls.
Noch ein Artikel.
Eureka Books meldet am Abend erstaunliche Zahlen:
"450 participating booksellers
2.5 million books offline
26 countries represented"
Update 06.11.2018:
Und nun auch noch die "Seattle Times"!
En francais dans le texte.
Das altehrwürdige Londoner Antiquariat Quaritch beteiligt sich ebenfalls an der "Banned Booksellers Week" und erklärt: "In solidarity with our colleagues in Hungary, the Czech Republic, Russia, and South Korea affected by Abebooks’ decision, all Quaritch’s stock is ‘on vacation’ as of yesterday morning.
Meanwhile, as organizer of the Hong Kong Book fair, while we are bound by contract to have Abebooks as sponsor of this year’s edition, such a contract won’t be renewed for 2019 unless Abebooks revert its current decision.
Amor librorum nos unit."
Der Messeveranstalter Detlef Thursch teilt soeben folgendes mit:
"Um die Aktion zu unterstützen, werde ich der Firma abebooks mitteilen, dass ich unter diesen Umstände keine Anzeigen für das ZVAB und abooks.de für die Frankfurter- und Leipziger Messekataloge mehr entgegennehmen kann und möchte Sie auffordern, dem Aufruf zahlreich zu folgen - D. Thursch"
Düsseldorf - So langsam scheint sich das Bild zu klären: aus den umlaufenden Gerüchten und der einen oder anderen recht knappen Mitteilung von Mitarbeitern der Plattform läßt sich der Grund für den Ausschluß einzelner Händler aus bestimmten Ländern erschließen.
(c) Eureka Books |
Es geht anscheinend bei amazon(abebooksZVAB) schlicht um einen Dienstleisterwechsel, der die Kreditkartenzahlungen der bestellenden Kunden für die gekauften Bücher im Dreieck zwischen diesem, dem Veräufer und dem Betreiber abwickelt und dies in einzelnen Ländern eben nicht tun kann, nicht tun will, oder mit dem man sich seitens des Plattformeigners nicht auf die Konditionen einigen konnte.
Leidtragende sind weniger die Buchsammler, denn ob sie nun zwischen einer Menge von 100% oder 99,9% Ware an Büchern auswählen können, spielt für den Quasi-Monopolisten keine Rolle, sondern ausschließlich die nun vom Markt abgeschnittenen Antiquare, die zum Gewinn der Plattform(en) zwar jahrelang ihren Anteil beigetragen haben, aber - geht es nach den Plänen - schon bald überhaupt keinen Umsatz mehr über diesen weltweit wichtigsten Vertriebskanal mehr machen dürfen.
Man ist in der Konzernzentrale offensichtlich der Ansicht, daß es nur weltweit einen einzigen, gleichen Service für alle geben darf, oder eben keinen!
Man könnte für die Kollegen in den betroffenen Ländern leicht die Kreditkartenzahlung als Option auslassen und deren Abwicklung den Händlern selbst überlassen, aber dieses Vorgehen wäre ein gefährlicher Präzidenzfall und außerdem für den Konzern sehr gewinnschmälernd, denn das Disaggio der Kreditkartenzahlung wird nicht etwa zugunsten der Antiquare gerechnet, oder geteilt sondern erhöht durch die Hintertür die Provisionen, die der Händler zahlt - so gesehen ist die für den Endverbraucher einfachste für den Antiquar die teuerste Zahlungsvariante.
Übrigens ist dies alles nun nur deswegen bekannt geworden, weil sich ein betroffener Händler öffentlich an seine Verbandskollegen aus der ILAB-LILA gewandt hatte, von denen nun hunderte in einem bisher beispiellosen Akt der Solidarität zehntausende von antiquarischen Bücher "in Urlaub" geschickt haben.
Wie man hört, wurden auch anderswo bereits Händler und Länder "abgeschaltet", da diese aber nicht organisiert waren, hat man es bisher nicht bemerkt.
Das Grundproblem ist, daß amazon nur den Endverbraucher als Kunden ansieht und diesem einen perfekten Service und ein fantastisches "Einkaufserlebnis" bieten will, was völlig in Ordnung ist, solange amazon selbst der Verkäufer ist.
Über amazon verkaufende Händler betrachtet man dort bestenfalls als Erfüllungsgehilfen, jedoch weder als Partner, noch ihrerseits als Kunden, was zu vielerlei Problemen auf den Buchplattformen ZVAB und abebooks (etc.) führt, denn dort ist der Konzern eben nur der Vermittler zwischen Händler und Endverbraucher.
Weder besitzt er die Ware selbst, noch das Wissen und die Strukturen, um antiquarische Bücher an Sammler zu verkaufen, auch wenn er im Marketing genau diesen Eindruck zu erwecken versucht.
Die deutsche Sektion der ILAB-LILA, der Verband Deutscher Antiquare hat nun auch eine Stellungnahme auf seine website gestellt, der eigentlich nur noch die folgenden Fragen hinzuzufügen wäre:
- wann raffen sich die Antiquarinnen und Antiquare endlich auf und unterstützen gemeinsam und energisch die bestehenden Strukturen, sei es durch eine Mitgliedschaft in Organisationen und Verbänden,
- sei es durch die Unterstützung bestehender antiquarseigener Plattformen durch deren konsequente Benutzung.
-Wann gründet man eine Vereinigung der über amazon(abebooksZVAB) verkaufenden Antiquare?
Amor librorum nos unit, aber auskömmlich vom Gewerbe leben sollten wir schon auch können!
[CS]
Update 05.11.2018:
Mehr als 300 Antiquariate mit deutlich über einer Million nicht der schlechtesten Bücher sind hier zu finden.
Und hier geht's zum Bericht in der NYT.
The Boston Globe schreibt ebenfalls.
Noch ein Artikel.
Eureka Books meldet am Abend erstaunliche Zahlen:
"450 participating booksellers
2.5 million books offline
26 countries represented"
Update 06.11.2018:
Und nun auch noch die "Seattle Times"!
En francais dans le texte.
Das altehrwürdige Londoner Antiquariat Quaritch beteiligt sich ebenfalls an der "Banned Booksellers Week" und erklärt: "In solidarity with our colleagues in Hungary, the Czech Republic, Russia, and South Korea affected by Abebooks’ decision, all Quaritch’s stock is ‘on vacation’ as of yesterday morning.
Meanwhile, as organizer of the Hong Kong Book fair, while we are bound by contract to have Abebooks as sponsor of this year’s edition, such a contract won’t be renewed for 2019 unless Abebooks revert its current decision.
Amor librorum nos unit."
Der Messeveranstalter Detlef Thursch teilt soeben folgendes mit:
"Um die Aktion zu unterstützen, werde ich der Firma abebooks mitteilen, dass ich unter diesen Umstände keine Anzeigen für das ZVAB und abooks.de für die Frankfurter- und Leipziger Messekataloge mehr entgegennehmen kann und möchte Sie auffordern, dem Aufruf zahlreich zu folgen - D. Thursch"